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Robin

Angst - Eine Schöpferische Kraft?



Wie die meisten Menschen in unserer Gesellschaft habe ich immer geglaubt, dass ich keine Angst haben sollte. Dass sie ein Zeichen von Schwäche oder Verletzung sei. Dass es peinlich sei, Angst zu haben.


Wann immer ich mich ängstlich fühlte, glaubte ich, dass etwas mit mir nicht stimmte und ich meine Angst verstecken oder loswerden sollte.


Mir war nicht bewusst, dass meine Bemühungen und mein Widerstand gegen die Angst, sie nur noch schlimmer machten und dass der Versuch, sie zu vermeiden, mich von meiner wahren Berufung abbrachte.





Die unerwünschte Angst



Gerade die deutsche Gesellschaft ist sehr darauf bedacht, Angst zu vermeiden. Für fast alles, was schief gehen kann, kann man eine Versicherung abschließen. Angst ist für die meisten Menschen eine sehr unwillkommene Emotion, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, wie unangenehm und überwältigend Angst sein kein. Zu viel Angst lässt uns entweder erstarren oder in überschäumende Erregung verfallen.


Aber wenn Angst eine so große Wirkung auf uns haben kann, sollte es dann nicht einen Weg geben, diese Energie zu nutzen?



Emotionen als Energien



In ihrem Buch über Gefühle und Emotionen schreibt die Autorin Vivian Dittmar, dass alle Emotionen Kräfte sind, die in uns leben und die eine Licht- und Schattenseite haben.


Gesunde Wut zum Beispiel bringt Klarheit und Entschlossenheit. Zu viel angestaute Wut wird jedoch zerstörerisch.


Verblüffend für mich war vor allem, dass ihrer Meinung nach, gesunde Angst zu Kreativität führt. Ich hatte mich nie sehr kreativ gefühlt, wenn ich ängstlich war, im Gegenteil, ich fühlte mich gelähmt und eingeengt, so sehr, dass ich nicht einmal mehr wusste, was ich wollte. Wie um alles in der Welt sollte mich dieses Gefühl kreativer machen?



Das Zeichen des Unbekannten



Laut Dittmar signalisiert uns die Angst, dass wir auf das Unbekannte stoßen. Wir sind im Begriff, einen Raum zu betreten, in dem wir nicht vorhersagen können, was passieren wird. Wir können nicht wissen, wie wir mit dem umgehen werden, was auf uns zukommt, weil wir keine Muster oder Erfahrungen haben, auf die wir zurückgreifen können. Das macht es so beängstigend. Wir haben noch kein Programm für den Umgang mit der Situation.


Doch eben dieser Mangel an etablierten Strukturen birgt ein gewaltiges Potenzial. Die Abwesenheit des Gewohnten gibt uns die Freiheit, ja sogar die Notwendigkeit, etwas völlig Neues zu erschaffen und Dinge zu tun, die wir noch nie getan haben. Wir werden herausgefordert, etwas zu werden, das wir uns noch nicht vorstellen können.


Angst ist die Emotion, die uns signalisiert, dass wir in einen besonderen Raum eintreten, in dem die Chance auf ein enormes Wachstum besteht. Sie ist ein Portal zur Selbstschöpfung. Und ohne die anfängliche Aufladung durch die Angst würde uns etwas fehlen.


Aktivierte Angst


Dieses Potential der Angst begann ich erst wirklich zu begreifen, als ich beschloss mich einfach hinzusetzen, alle Widerstände und Vermeidungsstrategien loszulassen und meine Angst fließen zu lassen.


Wie alle Emotionen wird auch Angst nur dann zu einem Problem, wenn wir sie unterdrücken. Wir bekommen quasi Angst vor der Angst und geraten womöglich in eine Abwärtsspirale aus Panikattacken und Depression.


Wenn wir jedoch akzeptieren, dass Angst eine gesunde Emotion ist, die uns auf dem Weg das Neue leitet, und ihr erlauben zu fließen, geschieht etwas Magisches.


Dittmar bezeichnet dies als aktivierte Angst. Wenn wir es schaffen, uns mutig auf sie einzulassen, wird sich unsere Angst irgendwann transformieren, und was zuvor unsere Hände zittrig und unsere Knie wackelig gemacht hat, verwandelt sich plötzlich in eine Flut von Schöpferkraft. Ohne vorgefertigte Strukturen spüren wir unsere Lebendigkeit im Hier und Jetzt. Wir werden von unserem eigenen Mut inspiriert, während wir die Grenzen dessen, was wir sein können, erweitern.


Wenn wir das erkennen, werden wir nicht mehr vor der gesunden Angst davonlaufen, ihr mutig folgen, weil wir wissen, dass sie schon bald ihr wahres Gesicht als der Torwächter zur Selbstschöpfung enthüllen wird.



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